Die Plattform

Verwirrt wandte ich den Kopf und sah ihn einen Moment an, ehe ich das Gesicht an seiner Brust vegrub und in Schwärze versank. So endete es also. Hoffentlich funktionierte alles wie geplant.

Nervös klammerte ich mich an ihn. War das normal? Wieso nur konnte ich mich nicht mehr an meine Verwandlung erinnern? Ich musste mich wirklich zusammen reißen um ihn nicht wach zu rütteln.

Ich hatte meinen Willen bekommen und hauchte mein unseliges Leben in Lucians Armen aus. Davon, dass ich einen letzten, zitternden Atemzug tat, ehe mein Herzschlag erstarb, bekam ich nicht mehr mit.

Plötzlich hörte ich, dass ich nichts mehr hörte und Tränen stiegen mir in die Augen. Ich wollte nicht weinen, es war schließich hoffentlich nur vorrübergehend, aber ich konnte es nicht verhindern. Leise schluchzend drückte ich ihn an mich, so als wollte ich ihn nie wieder los lassen.

"Wein doch nicht, dass bringt nichts", murmelte ich und strich mit den Fingerspitzen über seinen Nacken. Es war alles so ungewohnt und fremd für mich. Ich musste mich selbst erst mal zurecht finden und Lucian war ein toller Anhaltspunkt.

"Oh, du bist schon wieder wach" schniefte ich und lächelte zaghaft. Ich lockerte meinen Griff ein wenig um ihm Bewegungsfreiheit zu geben.
"Und?"

Ich erwiderte sein Lächeln und strich mit den Fingerspitzen über seine Wange. Ich war entzückt, dass seine Haut sich für mich nun warm anfühlte.
"Alles ist gut", beteuerte ich.
"Ich bin nur hungrig", fügte ich deutlich leiser hinzu und sah ihn unsicher an.

Besorgt musterte ich ihn. Das war klar, aber wie sollten wir hier ein geeignetes Opfer finden? Wir mussten auf jeden Fall vorsichtig sein und es könnte schnell eskalieren.
"Wir finden schon was. Mach dir keine Sorgen."
Ich strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte zuversichtlich. Irgendwo würde schon jemand alleine rumlaufen.

Ich grinste leicht und legte die Hände auf seine Schultern. Unvermutet beugte ich mich nach vorne und küsste ihn sanft. Es fühlte sich noch genauso an wie vorher.

Etwas verdattert erstarrte ich bevor ich lächelnd erwiderte. Ich war erleichtert, dass sich nichts verändert hatte. Ihm schien es gut zu gehen und das war alles was zählte.

Grinsend schlang ich die Arme um seinen Hals, den Hunger verdrängte ich einfach.
Ich stockte leicht, als mein Herz nicht wie gewohnt schneller schlug, sondern einfach reglos blieb. Daran würde ich mich erst gewöhnen müssen.

"Und gefällts dir?"
Schmunzelnd betrachtete ich ihn und strich über seinen Arm. Es war immer seltsam, wenn man das eigene Herz nicht mehr schlagen hörte.

"Bis jetzt ja."
Ich lehnte mich leicht zurück, um ihn ansehen zu können und legte den Kopf schief. Ich fragte mich, was insgeheim alles gleich geblieben war.

"Du bist blasser geworden, wenn auch nur ein bisschen" stellte ich schließlich grinsend fest, nachdem ich ihn lange gemusterte hatte. Ich atmete tief ein, natürlich roch er jetzt anders, aber vieles war geblieben.

"Und du bist warm", erwiderte ich grinsend. Nachdenklich sah ich ihn an und biss mir auf die Unterlippe.
"Vermisst du irgendwas?"

"An dir?" Verwundert hob ich eine Augenbraue und schüttelte den Kopf.
"Nein. Es ist nur seltsam dein Herz nicht mehr schlagen zu hören, aber da gewöhn ich mich schnell dran. Und du riechst jetzt wie ein Vampir."
Ich lachte leise und fuhr mir durch die Haare.

Zufrieden lächelte ich. Ich hatte befürchtet, er würde irgendwas an mir vermissen.
"Dann ist gut."

Sanft küsste ich ihn und lächelte ihn dann an.
"Selbst wenn ich etwas vermissen würde, du wärst trotzdem noch du und das ist die Hauptsache. Vermisst du denn etwas an dir?"

Ich erwiderte den Kuss kurz und überlegte.
"Nicht direkt. Es ist alles nur momentan etwas seltsam."

Ich strich mit den Finger über seine Wange und grinste leicht.
"Wir sollten dir vielleicht etwas zu essen suchen. Dann geht das Gefühl bestimmt weg."

Bei dem Gedanken an meine erste Mahlzeit war ich gemischter Gefühle. Aufregung mischte sich mit Unsicherheit vor dem Unbekannten und dem wagen Gefühl der Schuld, dass ich irgendwie nicht verdrängen konnte.
"Gut, dann auf."
Ich grinste etwas schief und kam mühsam auf die Beine

Ich rappelte mich ebenfalls auf und massierte mir die Unterarme. Es gab so viele Orte, die um einiges besser wären als hier. Hoffentlich wurden wir nicht entdeckt.

"Wo sollen wir hin?"
Nervös sah ich ihn an.
"Wir können nicht mutwillig einen Schüler anfallen."
Bei dem Gedanken schmunzelte ich trotzdem etwas.

"Nicht?"
Ich grinste schief und runzelte dann die Stirn.
"Die Bibliothek? Ich weiß nicht wo man hier Orte findet, die nicht beobachtet werden. Es wird aber auch schwer werden jemanden anzulocken..."
Ich redete eher mit mir selbst als mit ihm und versank in Gedanken.

Ich überließ ihn seinen Gedanken in der wagen Ahnung, dass wir nur auf den Gängen eine Chance hatten.
Mein Hirn arbeitete bereits ein paar Pläne aud, zumeist erschreckend brutale.